Im Reichenhaller Tagblatt vom 2.1.2012 berichtete Katharina Stockhammer über die letzte Veranstaltung des Jahres 2011 im Magazin 4.

Es war uns eine große Ehre, dass Django Asül seinen Jahresrückblick "Rückspiegel 2011" auch bei uns darbot. Für 2012 gibts übrigens wieder einen "Rückspiegel", nämlich am Samstag, 8. Dezember, diesmal allerdings im Theatersaal des Kurgastzentrums.

 

Satire über adlige Abschreiber und philosophische Sportler

 

Django Asül begeistert im Magazin 4

mit scharfsinnigem Wortwitz und viel Spott für die Mächtigen

 

BAD REICHENHALL – Die Zeit um Silvester muss in den Medien für allerhand Rückblicke herhalten und nicht immer sind diese Reflexionen wirklich nötig. Müssen sich die Deutschen tatsächlich im Dezember noch daran erinnern, wer im Spätsommer „Almkönig“ oder wer diesmal „Germany’s next Topmodel“ wurde? Es gibt fürwahr viele Geschehnisse während eines Jahres, über die man letztendlich besser den Mantel des Schweigens hüllt.

Einen Jahresrückblick der besonderen Art hingegen hat sich Django Asül ausgedacht. Sein „Rückspiegel 2011“ greift so ziemlich alles auf, was uns im abgelaufenen Jahr in Politik und Gesellschaft beschäftigt hat und erinnert auch an Vorkommnisse, die zuweilen schon wieder aus dem Gedächtnis verdrängt wurden.

Der sympathische Niederbayer ist für seinen scharfen Verstand und seine noch schärfere Zunge bekannt. Das Publikum im restlos ausverkauften Magazin 4 weiß daher, was es an diesem Abend erwartet. Das Kulturhaus in der Alten Saline gehört in diesem Jahr zu einem „erlauchten“ Kreis von Veranstaltungsstätten, in denen der gebürtige Türke sein spezielles Jahresendzeit-Programm innerhalb von vier Wochen präsentiert.

Da Django Asül fast so schnell sprechen wie denken kann, sind die Zuhörer von Anfang an gefordert. Rasant beginnt er mit Schlagzeilen aus dem Frühjahr. Über den allseits kritisierten Kraftstoff E 10 („Tanken nein, aber Essen jederzeit“) und Tipps von Verbraucherschutz-Ministerin Aigner zu EHEC („Warnung vor Sprossen, die wie Gurken aussehen“) kommt Asül gleich zu seiner „Gurke des Jahres“, nämlich Karl-Theodor zu Guttenberg und dessen vielgescholtener Doktorarbeit. Er sei ja, so Asül, als Adliger bereits genetisch „summa cum laude“, weshalb sich ohnehin die Frage stelle, wieso der Baron überhaupt einen Doktortitel gebraucht hätte. Seine – Guttenbergs – Rückkehr in die Mitte der politischen Gesellschaft sei bereits strategisch geplant, über Amerika, wo er als „angesehener Staatsmann“ bezeichnet werde. Dazu meint der Vollblut-Kabarettist süffisant: „Angesehen? Ja, angesehen ist er auch bei uns, schief zwar, aber immerhin…“. Für den Nachfolger im Amt des Bundesverteidigungsministeriums, Thomas de Maizière, hat er ebenso eine Portion Spott übrig („Sein Anforderungs-Profil: kein Absolvent der Uni Bayreuth und keine ‚Copy & Paste’-Taste am PC“). Überhaupt ist das Personalkarussell im Berlin immer einen Seitenhieb wert. So wird Innenminister Friedrich aus einer Presseerklärung vor dem Integrationsgipfel überspitzt zitiert: „Ausländer haben hier nichts verloren und deshalb auch nichts zu suchen“. Markus Söder mutierte in den Augen des Deggendorfers nach Fukushima vom Bundesumweltminister zum Umweltverteidigungsminister, um anschließend das Bayerische Finanzministerium vor der ersten weiblichen Ministerin zu bewahren. Nun ist der Niederbayer nahtlos bei der Frauenquote angekommen und den bizarren Streit zweier Unions-Ministerinnen darüber. Doch nicht nur die CDU/CSU bekommt kräftig ihr Fett weg, alle anderen Parteien verschont der Künstler genau so wenig. Da vergleicht er die Piratenpartei mit den bayerischen Freien Wählern („aber mit Internet“) und die FDP wird zur Splittergruppe: „56 % der Deutschen glauben an einen Erfolg der FDP, nur nicht in der Politik“. Der Grüne Ministerpräsident in Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, ist nach seiner Einschätzung „im Grunde seines Herzens wie der Oettinger, nur mit Russpartikelfilter“, Thilo Sarrazin sei der „Bushido“, der betagte Helmut Schmidt hingegen der Hoffnungsträger der SPD.

Doch nicht nur die politische Prominenz hat Django Asül im Visier. Ob Fifa oder DFB, ob Blatter oder Zwanziger, die Wichtigen oder die sich wichtig Nehmenden im Sport sind einen ironischen Seitenhieb wert. Er beschäftigt sich mit Fragen wie „Warum heißt es ‚Frauen-WM’, wenn Frauen Fußball spielen und ‚Fußball-WM’, wenn Männer spielen?“ Sogar das „Buch des Jahres“ von Philipp Lahm bleibt nicht unerwähnt. „Sind wir froh, wenn ein Fußballer ein Buch schreibt, vor zehn Jahren war es schon was besonderes, wenn er ein Buch liest“, lästert ehemalige Tennis-Lehrer, und zitiert danach noch den Hobby-Philosophen Berti Vogts („Die Realität ist oft ganz anders als die Wirklichkeit“).

Doch immer wieder ist es die Politik, die er auf dem Kieker hat. Europaweit herrsche die Krankheit „Eurodermitis“ (zu deutsch „Finanzkrätze“) und natürlich gibt’s auch eine Watschn für die Griechen. Da Bundeskanzlerin Merkel Waffengeschäfte inzwischen gern selbst in die Hand nähme, seien die Lobbyisten Pfahls und Schreiber längst überflüssig. „Das schafft Transparenz und das Geld geht nicht auf dubiose Konten in Liechtenstein, sondern direkt in den Bundeshaushalt“.

Spontan wird das Publikum im Laufe des Abends mit einbezogen und persönlich angesprochen, besonders angetan hat es dem Wortakrobaten ein Herr aus dem Gewerbeaufsichtsamt. Mit einem Blick auf die höchst relevante Nachfolgefrage für Thomas Gottschalk im ZDF geht es dem Ende zu. Als sich Django Asül lakonisch mit einem Lothar-Matthäus-Zitat („I look not back, I look in front“) ins neue Jahr verabschiedet, ist klar: Kabarett ist selten so scharfzüngig, spritzig und intelligent, wie beim längst eingebürgerten bayerischen Türken. Und egal was 2012 bringen wird, den Asül’schen Rückspiegel will das begeisterte Publikum auch im kommenden Dezember wieder live in Bad Reichenhall erleben.