Am 29.9.2011 stand folgender Bericht über das Lämmerhirt-Konzert im Reichenhaller Tagblatt, geschrieben von Katharina Stockhammer:

 

Hohe Gitarrenkunst und Lieder voller Poesie

 

Werner Lämmerhirt begeistert seine Fans im Magazin 4

 

BAD REICHENHALL – Drei Gitarren und einen gemütlichen Sitzplatz: mehr braucht es nicht, wenn Werner Lämmerhirt ein Konzert gibt. Bald vier Jahrzehnte ist der gebürtige Berliner einer der wichtigsten Künstler an der Akustik-Gitarre.

War er am Anfang seiner musikalischen Laufbahn meist als Studiomusiker gefragt – Hannes Wader und Knut Kiesewetter engagierten ihn über viele Jahre hinweg – ist er seit den 1970er Jahren der „Guru“ unter den Fingerstyle-Gitarristen der Folk- und Rockszene. Was Lämmerhirts Vorstellungen einzigartig macht, ist seine lockere Art, mit dem Publikum zu kommunizieren. Der kleine Barraum im Magazin 4 eignet sich bestens dafür.

Die unmittelbare Nähe zum Künstler, der freundschaftliche Plauderton von der Bühne herab, das allein ist schon ein Erlebnis für sich. Nicht nur zur Begrüßung, sondern im Laufe des gesamten Konzertes erfahren die Zuhörer zwischen den einzelnen Titeln witziges und nachdenkliches über die Entstehung der Kompositionen.

„Kein Schwein versteht mich“, dachte sich Lämmerhirt nach zwanzig Jahren als englisch singender Gitarrist und schrieb von da an immer mehr Lieder in deutscher Sprache. Auch sein brandneues Album, das in wenigen Wochen erscheinen wird und „Sichtweisen“ heißt, enthält nur auf deutsch gesungene Nummern und diese machen den Großteil des Abendprogramms im Magazin 4 aus.

 

Falscher Griff wird zur neuen Melodie

 

„Lass mich nicht stehen, ich will neben dir gehen“ ist eine Liebeserklärung mit einschmeichelnder Melodie. Das Instrumentalstück „Rückenwind“ hat er geschrieben, da er – egal wo er in seiner norddeutschen Heimat auf dem Rennrad sitzt – immer mit Gegenwind zu kämpfen hat, aber auch, weil es in jeder Beziehung eine gehörige Portion Rückenwind braucht, damit sie auf Dauer funktioniert. „Manch neuer Titel entsteht, wenn ich mich zuvor verspielt habe“, meint Lämmerhirt augenzwinkernd, „obwohl es ja keine schlimmen Töne gibt, nur schöne oder interessante“. „Mach die Tore dicht, wenn der Wind sich nicht legt“ ist auf diese Weise entstanden.

Die Zuhörer hören freilich den „interessanten“ Ton nicht heraus, überhaupt ist dieses Lied herrlich harmonisch. Zur Melodie von „Einer wie du“ fehlte ihm lange das passende textliche Thema, verrät er. Doch dann hörte er, dass ein Jung-Politiker einer großen Partei-Nachwuchs-Organisation behauptete, Menschen über 70 bräuchten keine künstliche Hüfte mehr und Sozialhilfeempfänger würden die Hartz IV-Erhöhung ausschließlich in Tabak und Alkohol anlegen.

Die Textzeile „Einer wie du hält sich bestenfalls bedeckt... wenn er selbst nicht merkt, wie viel Dummheit in ihm steckt“ kann sich der kritische Liedermacher hier zurecht nicht verkneifen. Lässiger Groove ist es, was eines seiner Lieblingslieder auszeichnet: „Am Strand“. So mancher im Publikum schnippt begeistert und rhythmisch mit.

Zuweilen fragen ihn seine Zuhörer, warum er eigentlich drei Gitarren dabei habe. Er erklärt: „Die Knöpfe am Ende des Gitarrenhalses sind sehr leicht zu erreichen, das verführt einfach zum Drehen“.

Damit das auf dem Konzert nicht unnötig viel Zeit beansprucht, sind Lämmerhirts Instrumente unterschiedlich gestimmt. Eines davon in F-Dur. Seit er vor einigen Jahren den kanadischen Ausnahmegitarristen Don Ross mit dieser eher ungewöhnlichen Stimmung entdeckt hat, schreibt auch er Stücke in dieser Tonart. „Don's Boogie“ ist eine wunderschöne Instrumentalnummer und eine Hommage an den Preisträger des „US National Fingerstyle Guitar Championship“.

 

Bob Dylan als Inspiration

 

Einfacher zu spielen ist die Melodie zu „Ich geh meinen Weg“, denn die besteht bloß aus zwei Takten und ist dennoch nicht nur für Gitarrenworkshops geeignet. Dass er ein großer Fan von Bob Dylan ist, daraus macht Werner Lämmerhirt kein Geheimnis. Viele seiner Kompositionen orientieren sich an dem Weltstar, der zudem ein begnadeter Literat ist. Auch Lämmerhirt ist ein Song-Poet, seine stillen Botschaften sind philosophisch, oft politisch und immer hörenswert.

Er habe inzwischen derart viele Abschiedslieder geschrieben, dass es für einen ganzen Konzertabend reichen würde, so der 62-jährige Musiker zum Schluss seines Programms. Eines davon werde er diesmal „verknusen“. „Nicht alle Tassen im Schrank“ ist ein heiteres Stück zum Ende einer liebevoll gestalteten Darbietung, bei dem nicht nur eingefleischte Gitarrenfans voll auf ihre Kosten kommen.

Die Bühne im Magazin 4 darf Werner Lämmerhirt nicht sofort verlassen. Seine Zugaben „Engel mit dem Tamburin“ und „Samba an einem ruhigen Sonntag“ begleiten die Gäste hinaus in eine laue Herbstnacht.