Beim Gastspiel der Wellküren hatten wir an einem eiskalten Abend wieder einmal damit zu kämpfen, dass im Saal (noch) keine effiziente Heizung installiert ist. Unsere (improvisierte) Heizlösung verhindert dennoch, dass es tatsächlich ungemütlich wird. Vielen Dank an dieser Stelle unserem treuen Gästen für ihre Nachsicht mit uns und unserem alten Gemäuer!

 

Barbara Titze's Kritik dazu aus dem Reichenhaller Tagblatt vom 14.2.2011:

 

Grandiose Lästerschwestern

 

Wellküren nehmen im ausverkauften Magazin 4

kein Blatt vor den Mund – Niemand wird verschont

 

BAD REICHENHALL -  Sobald die drei Schwestern Moni, Burgi und Bärbi am Freitagabend die Bühne im bis auf den letzten Platz ausverkauften Magazin 4 betreten und erklären, selten so eine kalte Garderobe gehabt zu haben wie in Reichenhall, haben sie das ebenfalls leicht fröstelnde Publikum auch schon für sich gewonnen.

Sie loben die ganz besondere Bühnendekoration, „net z'vui“, erzählen von ihren vier Schwestern „die Scheenern san mir“ und den acht Brüdern (die ebenfalls musikalisch auf der Bühne unterwegs sind, weshalb die ganze Familie auch 2009 den Salzburger Tobi-Reiser-Preis verliehen bekam). Und sie kommen gleich zur Sache: „Mir warn scho boarisch, da hat's Reichenhall no goar net gem, mir machen Stubnmusi, a wenn ma lang scho nimmer leben.“

Und das tun sie auch wirklich, mit für die Stubenmusik so „typischen“ Instrumenten wie Saxophon, Posaune und Tuba, aber auch mit Hackbrett, Gitarre, Ziach und Harfe. Und sie können was, selbst wenn es bei der gesundheitlich angeschlagenen Moni nicht immer ganz so hinhaut, wie sie es gewohnt ist, und ihr auch mal ein herzhaftes „Ach, scheiße!“ entschlüpft. Von volkstümlich bis rockig, von vollkommen harmonischem Dreigesang bis zum ohrenbetäubenden Gefühlsausbruch, die drei Schwestern sind für alles gut.

Seit 24 Jahren stehen die Schwestern aus Oberschweinbach auf der Bühne, wie alt sie sind, wollten sie damals schon nicht verraten. Aber so viel steht fest: „Mir drei retten Bayern!“ Burgi als Frauenbeauftragte, Bärbl als diplomierte Sozialpädagogin und Moni als die, die „alles vertreibt, was man vertreiben kann“. Stubnmusi, so sind die drei überzeugt, hilft in der Pubertät, den Wechseljahren und bei der Empfängnisverhütung.

Ihre Eltern hätten dies auch praktiziert, was das Publikum bei 15 Kindern nun wieder an der Zuverlässigkeit dieser Methode zweifeln lässt. Für eine kinderreiche Gemeinde hätten sie gleich mehrere Vorschläge, die sie auch gerne der Familienministerin Schröder („sie ist ja noch ein wenig unerfahren, mir sagn: brunzbieselbled“) empfehlen würden, unter anderem das Begehen von Maria Empfängnis mit Ausgangsverbot für alle Unter-40-Jährigen.

Dabei sind die drei Damen selber recht kritisch, was den geeigneten Partner betrifft. George Clooney oder Brad Pitt wären in der näheren Auswahl, aber völlig abwegig erscheinen ihnen Hinterseer (den Moni nicht einmal nähme, wenn man ihn ihr auf den Rücken binden würde), Kachelmann („so a Saubär“), Mario Barth („hat nichts im Hirn“), Oettinger („versteht man net, ob er nun schwäbisch oder englisch spricht“) oder Sarkozy („der verschwindt' so leicht im Gully).

Das Publikum applaudiert begeistert, als Moni erklärt, für das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten kandidieren zu wollen, denn sie hat alle Voraussetzungen dafür: eine starke Schwesterpartei im Rücken; Verkaufstalent und das passende Mundwerk. Und sie stammt aus einer Großfamilie, was bedeutet, dass sie ein Superauffassungsvermögen, ein tolles Reaktionsvermögen und im Zweifelsfall ein scharfes Messer besitzt.

Am Ende der ersten Hälfte ist der Einsatz des Publikums gefragt, das nun mit den dreien zusammen dreistimmig zu dem anspruchsvollen Text „Oh mei, muaß des sei?“ singen soll. Das Ergebnis ist bemerkenswert: „Ihr singt's weiter, wir machen Pause.“

 

Früher wär ma früher gstorb'n

 

Im zweiten Teil heizen die Schwestern weiter ein, es friert mittlerweile keiner mehr. Für das bayerische Kabinett sind die drei prädestiniert, denn im Gegensatz zur herrschenden Truppe, die zwar viel koste, aber wenig erreiche, bräuchten sie nur „drei Frauenparkplätze in der Maximilianstraße und der Kas  wär bissen“. Politik machen sei wie Familienführung, „einer schafft an und der andere halts Mei“. Sie ziehen die Beziehungskrisen der Prominenten durch den Kakao („der alte Tatterer in Italien – früher, da wär man einfach früher gstorb'n“), nennen Alice Schwarzer eine „schiache Zuchtl“, spielen einen Zwiefachen, zu dem Burgi die bestechend einfache Erklärung parat hält: „A Zwiefacher, ko ma sogn, is koa Oafacher“, und sind schwesterlich liebevoll zueinander, etwa als das Mikrofon vor Bärbis Harfe nicht in der Halterung bleiben will: „Stinkt die Harfe so, dass sich das Mikrofon schon wegdreht?“

Auch die Zuschauer bleiben nicht verschont, in der ersten Reihe hat sich Moni ein bedauernswertes Opfer ausgesucht, das immer den Kürzeren zieht, was es auch von sich gegen mag. Und als der Mann sich dann wie Bärbi auch noch als Diplom-Sozialpädagoge outet, kennt der Jubel keine Grenzen mehr.

Burgi erzählt dem staunenden Publikum von ihrer Erscheinung in Altötting, durch die sie eine Reliquie mit wunderbarer Wirkung in einer kleinen Schachtel fand, das „sanctum praeputium, eine heilige Vorhaut“. Nun hat sie „die Rettung Bayerns mit diesem praeputium im Schachterl“.

Rasant geht es weiter mit der Zupf-Instrumenten-Variante von „highway to hell“, nämlich „Der Deifi soll eam hoin“, dann kommt das „Trummscheit vom Scheit Sepp“ zum Einsatz, auch „keltische Fruchtbarkeitsgeige“ oder „Nonnentrompete“ genannt, eine Trompete, an die ein Geigenhals zum Streichen gesetzt wurde, weil „früher die Nonnen keine Blasinstrumente spielen durften“.

Und dann der Höhepunkt, das „Stubnmusi-Musical“ in seiner dramaturgischen Wichtigkeit gleich hinter Vergil, Homer und Dante als Stück bayerischer Weltgeschichte mit Zukunftsvision einzuordnen. Wer je eine Nonnengeige gehört hat, kann sich nicht vorstellen, dass es ein geeigneteres Instrument geben sollte für die schaurig-eindringliche Intonation von „Spiel mir das Lied vom Tod“.

Nichts weniger als der Untergang der CSU, die Absetzung von „Edmund I.“, der von seinem eigenen Hofstaat hinterfotzig gemeuchelt wurden, der Niedergang der allein herrschenden Partei und der Aufstieg von Horst, des „durch sich selbst Erwählten“, wird hier von den teuflischen Schwestern in einer Höllenfahrt mit mörderischem Tempo im grandiosen Finale beschworen. Das Publikum ist begeistert, Bayern gerettet! Schade, dass kein Wahlabend war. Der Schwesterpartei wäre der Sieg sicher gewesen.